Der European Accessibility Act (EAA) – Eine umfassende Einführung

von Rashid Bairamov

Der European Accessibility Act (EAA) ist eine EU-Richtlinie, die im April 2019 verabschiedet wurde. Ziel ist es, die Zugänglichkeit von Produkten und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen in allen EU-Mitgliedstaaten zu verbessern – und gleichzeitig den europäischen Binnenmarkt zu stärken.

Die Richtlinie verpflichtet Unternehmen, digitale Barrierefreiheit in vielen Bereichen umzusetzen, darunter Websites, mobile Apps, E-Commerce, elektronische Kommunikation, Bankdienstleistungen, E-Books und mehr.

Wann tritt der EAA in Kraft?

  • Verbindliches Umsetzungsdatum: 28. Juni 2025
    Ab diesem Datum müssen alle neuen Produkte und Dienstleistungen, die unter den Geltungsbereich der Richtlinie fallen, barrierefrei gestaltet sein.

  • Übergangsfrist:
    Für bestehende (Legacy-)Angebote gilt in bestimmten Fällen eine Übergangsfrist bis 28. Juni 2030 – insbesondere, wenn sie nicht wesentlich geändert oder aktualisiert werden.
    Achtung: Websites wie z. B. WordPress-Seiten, die regelmäßig aktualisiert werden, fallen in der Regel nicht unter diese Ausnahmeregelung.

Wer ist betroffen?

Die Richtlinie gilt für:

  • Unternehmen mit mehr als 10 Mitarbeitenden oder einem Jahresumsatz von über 2 Millionen Euro,
    wenn sie Produkte oder Dienstleistungen für Verbraucher*innen im EU-Raum anbieten.

  • Kleinunternehmen (sog. Mikrounternehmen) sind formal ausgenommen, aber:

Es wird dringend empfohlen, freiwillig Barrierefreiheit umzusetzen – aus Wettbewerbsgründen, zur Imagepflege und zur Risikominimierung.

Was muss barrierefrei sein?

1. Produkte

Zum Beispiel:

  • Geldautomaten

  • Zahlungsterminals

  • E-Book-Reader

Anforderungen:

  • Benutzerfreundliches Design

  • Zugängliche Verpackung und Anleitung

  • Kundenservice, der auch für Menschen mit Behinderungen nutzbar ist

2. Dienstleistungen

Zum Beispiel:

  • Websites und mobile Apps von Unternehmen

  • Online-Shops

  • E-Books

  • Bankdienstleistungen

  • Streaming-Dienste

Anforderungen:

  • Umsetzung der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1 auf Level AA

  • Einhaltung des europäischen Standards EN 301 549

  • Bereitstellung barrierefreier Kommunikation und Unterstützung

Was bedeutet das für Websites?

Alle unter die Richtlinie fallenden Websites und Apps müssen den Anforderungen von WCAG 2.1 AA entsprechen – das bedeutet z. B.:

  • Gute Tastaturbedienbarkeit

  • Ausreichender Farbkontrast

  • Alternativtexte für Bilder

  • Fokus-Management

  • Barrierefreie Formulare

  • Strukturiertes HTML (z. B. mit sinnvollen Überschriftenebenen)

Wie kann man sich vorbereiten?

Schritt-für-Schritt-Plan zur Umsetzung:

  1. Barrierefreiheitsanalyse durchführen
    – Mit Tools wie dem Accessibility Checker, WAVE oder axe DevTools

  2. Manuelles Testen
    – Insbesondere auf Startseite, Navigation, Formulare, Shop-Funktionalität

  3. Fehler beheben & Code anpassen

  4. Erstellung einer Barrierefreiheitserklärung (Accessibility Statement)
    – Diese sollte öffentlich zugänglich sein und Fortschritte dokumentieren

  5. Dokumentation führen, um Nachweise bei Beschwerden oder Prüfungen liefern zu können

Warum lohnt sich Barrierefreiheit?

  • Rechtssicherheit: Schutz vor Abmahnungen, Strafen und Klagen

  • Zugänglichkeit für alle Nutzer*innen, inkl. älterer Menschen oder Personen mit temporären Einschränkungen

  • Besseres Nutzererlebnis (UX) für alle

  • Bessere Suchmaschinenoptimierung (SEO)

  • Höhere Conversion-Rates

  • Imagegewinn und CSR